© VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Hinterglasmalerei von August Macke bis heute
23. Mai bis 30. August 2020, Clemens Sels Museum Neuss

Immer sind es besondere Momente, wenn sich hinter uns die doppelten Glastüren des Clemens Sels Museums Neuss schließen und uns einladen, in den verschiedenen Abteilungen – von den Römern bis zu den Symbolisten und den Naiven – neue Eindrücke zu gewinnen oder alte zu vertiefen.

Jetzt aber, mit dem Beginn der neuen Ausstellung, befinden wir uns im doppelten Sinne hinter Glas: in einer leuchtenden, mal schwebenden, mal kräftig strahlenden Welt, deren zerbrechliches Ausgangsmaterial im starken Kontrast zu den Bildern und Installationen steht, die mit diesem Stoff geschaffen wurden.

Vorsicht Glas ist die faszinierende Schau überschrieben, die im Foyer mit dem Werk Lester #4 von Michael Jäger (* 1956) und einer eigens für das Haus am Obertor geschaffenen Wandmalerei von beeindruckenden Dimensionen beginnt, um in einem bunt schillernden Form- und Farbenspiel eine Reihe herausragender Klassiker des 20. Jahrhunderts auf ungewohntem, wenn nicht gar unbekanntem Terrain zu zeigen.

Wer hätte beispielsweise gewusst, dass Paul Klee, der große deutsche Maler und Graphiker aus der Schweiz, einer der ersten war, die sich mit der ursprünglich volkstümlichen Kunst der Hinterglasmalerei auseinandergesetzt hat? Im November 1908 vermerkte er in seinem Tagebuch: »Außerdem bewegte ich mich eifrigst auf der glättesten Fläche, hinter Glas, wurde einfach, warf Ballast ab, bis nur sehr wenig da war.«

Die Praxis dieser neuen, experimentellen Maltechnik war allen voran für Gabriele Münter, aber auch Franz Marc, August Macke und Heinrich Campendonk von wegweisender Bedeutung, wie beispielsweise der 1912 erschienene Almanach Der Blaue Reiter verrät, in dem nahezu ein Dutzend Hinterglas- und Spiegelbilder dargestellt sind. Ihre Hinterglaskunst bildet den Ausgangspunkt der Ausstellung im Clemens Sels Museum Neuss, in der sich bis zum 30. August 2020 eine schier unglaubliche Vielfalt auftut.

Die Hinterglasbilder des Clemens Sels Museums Neuss werden durch ausgewählte Leihgaben privater und öffentlicher Sammlungen zu einem ganz besonderen Raritätenkabinett erweitert: Neben Gabriele Münter und Paul Klee sind Heinrich Campendonk, August Macke, Carlo Mense, Paul Adolf Seehaus und Werner Schriefers (1926-2003) vertreten.

Darüber hinaus präsentieren sich Michael Jäger, Camill Leberer (*1953) und Gaby Terhuven (*1960): Alle drei haben in enger Zusammenarbeit mit der Kuratorin Bettina Zeman vor Ort den Aufbau gestaltet und fast alle Ebenen des Hauses in ihre Vorstellungen einbezogen – mit dem Resultat, dass sich der Mittelalterraum ebenso wie die Symbolisten und Expressionisten auf der ersten Etage und die aktuelle Ausstellung im zweiten Stock einander durchdringen und tatsächlich aufeinander »abfärben«. Ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergessen wird.

Ende Juli erscheint der Katalog zur Ausstellung, worin dann auch die auf das Museum bezogenen Arbeiten erläutert sind.

Bildangaben:
Michael Jäger – Lester 4, 2019, Lack und Öl auf Acrylglas
Besitz des Künstlers
Ausstellungsansicht mit Wandmalerei im Foyer des Clemens Sels Museums Neuss
© VG Bild-Kunst, Bonn 2020, Foto: Clemens Sels Museum Neuss

CLEMENS SELS MUSEUM NEUSS, Am Obertor, 41460 Neuss
Öffnungszeiten: Di–Sa 11–17 Uhr und So + Feiertag 11–18 Uhr.
Eintritt: Erwachsene 5 € / Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 21 Jahre frei.
TIPP: Jeden ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt frei!
Weitere Informationen: www.clemens-sels-museum-neuss.de

Die Ausstellung wird gefördert von